Berliner Höhenweg

Höhenwege sind so ein bisschen wie Zug fahren ohne umzusteigen. Man setzt sich in den Zug wartet eine bestimmte Zeit und steigt am gewünschten Ziel wieder aus. Zwischendrin kann man aus dem Fenster schauen und die Landschaft vorbeiziehen sehen oder sich einfach entspannen und über die freie Zeit freuen. Zumindest muss man sich nicht darum kümmern wie man von A nach B kommt.
Ok, den Höhenweg musst du schon selbst laufen, aber ansonsten ist vieles ähnlich. Du gehst zum Start läufst los und brauchst dich um nichts mehr kümmern und kannst einfach die freie Zeit genießen und die Blicke über die vorbeiziehenden Landschaften schweifen lassen.
Zumindest hatte ich es einfach auf den top-markierten und sicheren Steigen abzuschalten und die restliche Welt im Tal zu lassen und falls der langweilig [durchgestrichen] idyllisch wird gibt es einige Möglichkeiten auszubrechen.

Ich mag diese morgens-zu-hause-abends-Berghütte-Tage, zeigen sie doch wie klein die Welt ist und wie viel möglich ist. Um zwei mache ich dann endlich die ersten Schritte Richtung Gamshütte. Auf der Hütte möchte ich mich mit meinen Tourenpartnern für die nächten Tage treffen, die bereits heute morgen aufgestiegen sind. Auf der Zugfahrt hier her hatte ich bestes Wetter aber so langsam wird es ungemütlich. Der Nebel kriecht durch den Wald und bald fängt es an zu regnen. Die Hütte ist uhrig und klein, die sind Wirtsleute freundlich, was ich durch die Nähe zu Mayrhofen nicht erwartet hätte.

Das Wetter ist zwar immer ein Thema, aber so richtig was ander Tourenplanung ändern kann man dann doch nicht. Wenn man ein mal im Zug sitz macht es eben keinen Sinn spontan auszusteigen und wo zu sein, wo man gar nicht hin wollte. Wir starten in die erste echt Höhenwegsetappe lang, aber ohne nennenswerte Steigungen. Die Wolken um uns formen im Sekundentakt neue Bilder. Man sieht nie alles aber immer wieder etwas Neues, als wenn das Zillertal noch nicht alles direkt preisgeben möchte.
Vis-a-vis des Olperer verläuft der Weg in Richtung Friesenberghaus und passiert einige Blockfelder.

Zugegeben: Die Berliner Höhenwegsidylle ist wirklich nett, aber wenn ich den Hohen Riffler vor der Hüttentür habe nehme ich die Herausforderung ihn zu besteigen gerne an. Dumm nur das wir bei den Planungen die Olpererhütte aussgelassen haben und direkt zum Furtschagelhaus gehen wollen. Also früh raus – der Gipfel ist im Sonnenaufgang eh am schönsten. Im Licht der Stirnlampe ghet es vorbei am Petersköpfl zum kleinen Riffler. Die Wolken wirbeln um die Flanke herum – dann die ersten Sonnenstrahlen, was für ein Schauspiel. Der Hohe Riffler ist nichts anderes als ein sehr großer Schutthaufen, Blockgelände im 45° Winkel so zusagen, nicht schwierig aber auch nicht schön.
Ein Phänomen, was ich so auch noch nie erlebt habe sind kleine, bizarre Einsformationen, auf der dem Wind abgwandten Seit. Der Nebel, der über den Grat geweht wird schlägt hier auf dem Felsen nieder und bildet pitorestke Gebilde, die nebenbei höllisch rutschig sind.
Am Gipfel gibt es einmal mehr den imposanten Ausblick auf den Olperer – und leider auch auf das Kitzbühler Skigebiet.
Der Rest des Tages ist leider vom Ernüchterung geprägt. Mit jedem Schritt dem ich der Olpererhütte näher komme werden die Wege voller. Die Instgramm Queens ziehen ihr zurechtgestylten Hündchen Richtung Hängebrücke um sie dann mit #realadventure #perfectday #olpererhütte hochzuladen. Auf dem Abstieg Richtung Schlegeisspeicher kommen 491 (!) Menschen entgegen und mir stellt sich eigentlich nur eine Frage: Macht denen das Spaß?
Der Fahrweg um den Speichersee ist leider wenig besser, aber zumindest bleiben mir das morgentliche Gipfelerlebnis und das Gipfelpanorama beim Aufstieg zum Furtschagelhaus.

Tourengeher wohin das Auge reicht: Es scheint so als wenn alle, die nicht auf dem Berliner Höhenweg unterwegs sind größeres vor haben und ich kann nicht leugnen, dass es mir auch ein wenig unter die Nägeln brennt in Richtung Möseler oder Löffler aufzubrechen. Stattdessen gehts für uns weiter in Richung Schönbichler Horn, dem Gratisgipfel der Tour. Der Aufstieg ist unkompliziert und schnell erledigt. Kurz unter der Tscharte möchte ich noch zu einem kleinen Bonusgipfel auf brechen: Die Furtschagelspitze soll über das Blockfeld und den darauf folgenden Grat einfach zu erreichen sein. Mit einfacher aber relativ ausgesetzter Blockkletterei erreiche ich den Grat, nicht ohne die Kletterkünste zweier Steinböcke zu bewundern. Der Grat ist entgegen der Tourenbeschreibung brüchig und äußerst rutschig, sodass ich den Projekt Furtschagelspitze abbreche und zurück zum Schönbichler Horn gehe. (Von weitere Entfernung erschließt sich später, dass es ca. 15 Meter und derm Grad einen Quergang gibt, der zur Futschagelspitze führt. -nächste mal-
Was folgt verdient definitiv den #perfectday. Über einen langen Rücken geht es vis-a-vis zu der Gletscherlandschaft hinab in Richtung Berliner Hütte. Über eisgeschliffene Platten geht es ins Grüne bis ich in einem idyllischen Talschluss heraus komme.
Die Berliner Hütte selbst ist ein ähnlich imposantes Bollwerk, wie das Schlernhaus, was wir auf dem Dolomitenhöhenweg Nr. 8 besucht haben.

Die ersten Tourengeher, die in Richtung Großen Löffler unterwegs waren sind schon wieder auf der Hütte und berichten von Gewittern im Nachbartal. Auch wir konnten es morgens schon donnern hören. Ich warte das erste Gewitter ab und mache mich spät auf den Weg. Die Etappe ist überschaubar und so habe ich immerhin eine halbe Stunde Sonne.
Eins, was ich an diesen Touren mag ist es die Natur da draußen in ihrer Gesamtheit zu erleben, insbesondere, was das Wetter angeht. Bei meinem Aufstieg zur nördlichen Mörchenscharte inszeniert das Wetter einen regelrechten Schwarz-Weiß-Film: Fast schwarzes Gestein, weiße Schneefelder und graue Wolken lassen die Szenerie sind ein echtes Kontrastprogramm zum Tag vorher. Vollkommen durchnässt komme ich auf der Greizer Hütte an.
Erkältung

Gigalitz: einen Berg mit so einem so schönen Namen muss man eigentlich besteigen. Eigentlich soll ja aber auch das gefürchtete Gewitter kommen. Am Abzweiger sieht es noch recht stabil aus und so reiß ich’s an und probier es halt. Der Gipfelanstieg ist wenig schwierig, aber relativ langwierig und steil. Hätte ich mal meinen Rucksack am Abzweiger gelassen; auf der Karte sah es gar nicht so weit aus. Zugegeben die Aussicht am Gipfel ist auch eher so ganz ok, aber immerhin ist es der 3000er mit dem schönsten Namen, den ich ich je bestiegen habe.
Beim Umrunden nach dem Abstieg fällt mir noch der Glatte Aufschwung von der Lapenscharte in Richtung Gigalitz auf. Der Gigalitzturm, wie ich später erfahren habe, sieben Seillängen bis zum unteren fünften Schwierigkeitsgrad und ein echter alpiner Klassiker. Ab auf die Todo-Liste: irgendwann kommen wir mal hier her zurück und steigen die Tour durch.
Und das versprochene Gewitter? Ist ersatzlos gestrichen. Der Weg verläuft weiter relativ unspektakulär in einem großen S zur Kasseler Hütte.

Finale: ich muss leider die Edelhütte überspringen und direkt nach Mayrhofen absteigen, gut, dass es die Seilbahn gibt, schlecht, wenn sie nicht funktioniert. Ich starte relativ früh, da der Weg lang und anspruchsvoll sein soll. Um das Wetter ranken sich wie so oft seit dem Vorabend wildeste Spekulationen. Bei meinem Start kann es besser nicht sein. Nur der Regen in er Nacht hat die Blockfelder ziemlich rutschig gemacht. Nachdem ich mich in Blockfeld 1 bei Stein 3 so richtig auf die fresse lege bin ich auch wach und der Tag kann beginnen. Der Aschaffenburgen Höhenweg (der Berliner Höhenweg endet nämlich an der Kasseler Hütte – er Aschaffenburger Höhenweg ist so zu sagen die Verbindung nach Mayerhofen) führt über sieben Kogel und sechs Jöcher zur Edelhütte. An Joch Nummer vier kommen mir zwei Hamburger entgegen und lüften mir, dass die Ahornbahn leider aktuell defekt sei. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als auch noch den Abstieg zu Fuß anzu treten. Ziemlich durch aber noch rechtzeitig erreiche ich den Zug in Richtung Heimat.

Was Bleibt:
Blockfelder, Blockfelder, Geröllberge, ach erwähnte ich schon Blockfelder. Kleine Blöcke, große Blöcke, mit Weg, ohne Weg. Auf dem Weg über den Berliner Höhenweg vergeht kein Tag ohne durch diverse Blockfelder zu balancieren. Die besteigbaren Berge sind nichts anderes Schutthaufen.
Aus meiner Sicht ist die Tour ganz nett und das Zillertal wirklich idyllisch, jedoch habe ich etwas landschaftliche Abwechslung vermisst. Der Abstieg vom Schönbichler Horn zur Berliner Hütte ist sicherlich eine der schönsten Touren im Zillertal, bleibt aber auch das einzige echte Highlight der Tour.