Schneeschuhtour Sellrain

Was macht man wenn man kein Skilaufen kann und trotzem Touren im Winter machen möchte? Richtig Schneeschuhtouren. Wenn man den Statements der echten Alpinisten und Skitourengehern glaubt, handelt es sich bei Schneeschuhtouren um so eine Art Behindertensport für diejenigen, die nicht in der Lage sind mit Skiern einen Hang hinunterzufahren. Also für so Leute, wie mich und deswegen bin ich eigentlich hier.

Aber erst mal einen kleinen Klettersteig. Ok ok März ist eigentlich nicht so die beste Jahreszeit für Kletterseteige, der Stuibenfall Klettersteig ist aber als Winterklettersteig ausgezeichnet und somit einen Versuch wert. Die Wege sind noch stark verschneit und mit Eis bedeckt. Das Tal ist schon etwas schattig. Der Einstieg ist Gewöhnungsbedürftig: Eine Seilbrücke führt über den Bach unterhalb des Wasserfalls, dann auf einem Wanderweg Richtung Wand. Die ersten Meter im Steig sind einfach. Ich klettere der Sonne und dem versprochenen Panorama entgegen. Der einfache, massiv gesicherte Steig lässt sich im unteren Teil sehr gut gehen. Es stellt sich ab und an die Frage ob so viel Stahl wirklich notwendig ist um einen Steig der Kategorie C abzusichern. Gekommen war ich alleine, bemerke aber nun, dass ich beobachtet werde. Zwei Personen schauen mir von der Touristenplattform aus zu, wie ich über die exponierteren Stellen des Steiges gehe. Ich winke ihnen zu – Sie drehen sich um und gehen weiter. Scheinbar war das zu viel der nonverbalen Kommunikation.
Es ist tropfnass im Steig. Auch, wenn kein Restschnee mehr liegt tropft das Tauwasser der höheren Lagen von oben herab; an manchen Stellen fühlt es sich an wie kalt duschen. Nach oben wird der Steig etwas schwieriger und spektakulärer. Hinter einem Absatz kommt der Stuibenfall zum Vorschein und ich klettere weiter darauf zu, bis der Weg schließlich über eine weitere Seilbrücke direkt über der Abbruchkante des Wasserfalls verläuft. Es ist sehr spektakulär den Wasserfall aus dieser Perspektive zu sehen und es ist ein schönes Finale eines kurzen, schönen und relativ einfachen Steiges.

Niederthai Ötztal 10:30, der Skibus bringt mich zum Start unserer Tour. Helene Fischer dröhnt aus den Lautsprechern als wir bei der weiß geputzten Kirche vor dem Bergpanorama halten. Das Ötztal erfüllt mal wieder jedes Klischee. Noch zweieinhalb Stunden bis zum Start der Tour. Ich setze mich auf die Bank und schaue der Clubmeisterschaft auf dem nahegelegenen Hand zu. Skifahren können wäre schon echt gut… Später heißt es dann: Aufi geht’s – auf die Schweinfurter Hütte.


Meine ersten Schritte auf Schneeschuhen sind immerhin erfolgreicher, als meine ersten Meter auf Skiern. Eigentlich ist es ganz einfach: wie mit Grödeln nur etwas breiter. Auch, wenn ich schon einige Male im Winter in den Bergen war, eine Hüttentour hatte ich bisher noch nicht. Ich stelle es mir kalt vor und irgendwie hart. Auf unserer ersten Tour sollte das bestätigt werden. Windig, grau und vor allem kalt, so stellt sich unser erster Tag dar. Es geht hinauf zum Zwieselbachjoch, nicht sehr steil aber lang. Es ist in gewisser Weise beeindruckend diese Welt zu sehen. Man sieht alles, aber auch irgendwie nichts. Es ergibt sich für das Auge keine Kontur im Schnee, der Himmel gibt das dazu den passenden Grauton vor. Monumental türmen sich die Kämme rechts und links von uns auf. Kurz vor dem Joch machen wir Pause und beschließen umzukehren. Schneefall kommt hinzu und es die kälte kriecht so langsam in mir hoch. Es ist genau, wie ich es mir vorgestellt habe. Es wird eine lange Tour und schließlich sind wir froh wieder auf der Schweinfurter ütte anzukommen.

 


Neuschnee! Es hat einige Zentimeter geschneit. Die Spuren der Skitourengeher von gestern wurden verwischt – es sieht alles so frisch aus. Wir gehen in Richtung der Hohe Wasserfalle. Die Sonne bricht durch die lockere Wolkendecke und formt Konturen in das Tal. Während des Aufstiegs beobachte ich eine Gruppe Skitourengeher auf ihrem Weg zum benachbarten Joch. Wie winzig sie in dieser wirken, ein bisschen verloren in dieser Welt aus Schnee. Unterhalb der Hohen Wasserfalle machen wir unsere Mittagspause und genießen den Ausblick und die immer weiter aufreißenden Wolken.


Gipfeltour bei bestem Wetter! Auch wenn die Kraspesspitze kein herausragender Berg ist, wo zu stehen, wo es nicht mehr höher geht ist immer ein tolles Gefühl. Vorbei die Eindrücke des ersten Tages; Sommer im Winter. Die Sonne brennt, dass es sich wie 20 Grad (plus) anfühlt. Der amtliche Aufstieg über die Kuppe direkt vor der Hütte tut sein Übriges. Wir kommen an den Spuren der Tourengeher vorbei. Wenn man ganz leise ist und genau hinhört können wir sie noch leise lache hören. Während sie mit (zumindest in meiner Verstellung) grazilen Schwüngen den Hang auf ihren Skiern zurück zur Schweinfurter Hütte gleiten, müssen wir später den ganzen Weg wieder zurück laufen. Skifahren müsste man können. Der Gipfel ist aber für alle da und so genießen wir den Gipfelausblick ins Kühthai mit dem Finstertaler Stausee

 


Weil es gestern auf der Kraspesspitze so gut war, gehen wir gleich wieder in die Richtung, biegen aber links zum Schartenkopf ab. Wieder keine Wolke am Himmel. Für die Fotos ist es fast ein bisschen langweilig und auch sonst hat die Tour der gestrigen nicht viel hinzuzufügen. Nichtsdestotrotz eine schöne Tour.

 

 


Für mich der Rodeln nur gerade aus den Deich runter kennt kommt nun die größte Herausforderung des Urlaubs: einen Rodel den Forstweg von der Hütte zurück nach Niederthai ins Tal zu steuern. Dem nicht genug erstreckt sich direkt neben dem Weg ein Bach mit wohl ziemlich genau null Grad kaltem Wasser. Gekonnt sehe ich meine Vordermänner durch die ersten Kurven steuern. Jetzt ich! An Fahrt gewinnt man auf jeden Fall schnell auf der bockhart gefohrenen Piste. Mit gefühlt 40 Sachen schlage ich in der ersten nennswerten Kurve in die Böschung ein und krieche als Schneemann wieder aus dem Unterholz. Wie war das noch mal mit dem Bremsen und Lenken? Die zweite Kurve endet in einer Seitwärtsrolle aber am Ende ist es eine morts Gaudi den Weg runterzurodeln.

Meine kleine Abschlusstour führt mich noch auf einen Hügel bei Niederthai. Sind die ersten Meter auf noch einfach zu gehen, vermisse ich die Schneeschuhe schon etwas, als unterhalb der Gipfels bis zum Oberschenkel im Schnee einsinke.

 

 

Was bleibt:
Die Erkenntnis, dass die Berge im Winter mindestens genauso schön sind, wie im Sommer und das Hüttentouren auch im Winter ihren Reiz haben. Allerdings sind Hüttentouren mit einer Hütte als festen Standpunkt, da kann die Hütte noch so schön sein, etwas lahm. Da kannst du zwar nach Norden, Süden, Westen, Osten gehen aber groß unterschiedlich sind die Touren dann nicht. Nichtsdestotrotz war die Tour für mich ein toller Start in die Wintertouren bei bestem Wetter mit einer super Hütte als Basis.